Alexander Egeling – aus der betriebswirtschaftlichen Forschung zum Wissenschaftscoaching

Foto: DAAD; David Ausserhofer

Kurzvorstellung

Ich bin (Dr.) Alexander Egeling und arbeite als freiberuflicher Trainer und Coach für Management, Karriere und Kommunikation: www.alexander-egeling.de. Studiert und promoviert habe ich in der BWL, wo ich auch etwa fünf Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter auf einem Forschungsprojekt und am Lehrstuhl angestellt war. Diese Erfahrungen helfen mir in der Arbeit mit meiner Hauptzielgruppe, dem sogenannten Wissenschaftlichen Nachwuchs – also allen von der Promotion bis hinauf in die Juniorprofessur. Ich arbeite aber auch für Verbände sowie privatwirtschaftliche Unternehmen und kann auch in diesen Bereichen auf berufliche und ehrenamtliche Erfahrung aufbauen (u.a. war ich schon während meines Studiums selbstständig als Webdesigner tätig).

Mit welchen Zielen oder Visionen hast Du den wissenschaftlichen Werdegang verfolgt?

Im Studium und direkt danach war ich für Unternehmensberatungen tätig, weil es eine spannende und sehr abwechslungsreiche Tätigkeit war. Allerdings stellte sie sich aufgrund der vielen Reiserei auch als überaus familienunfreundlich dar. Daher erschien mir eine Promotion inkl. einer klassischen akademischen Laufbahn erstrebenswerter. Ich hatte durchaus den Plan, einmal Professor zu werden, denn Forschung und insbesondere auch Lehre hat mir viel Freude bereitet. Allerdings war mir Forschung dann doch irgendwann zu langatmig und zu wenig konkret und auch nicht wirklich familienfreundlich. Insbesondere, da meine Frau auch promovierte wurde uns schnell klar, dass wir nur sehr begrenzt gleichzeitig zwei akademische Karrieren verfolgen konnten.

Hinzu kam ein Faktor, der mir sehr aufstieß: Von drei Professor:innen, mit denen ich gearbeitet habe, stellten sich zwei als eher autoritäre Führungspersönlichkeiten dar. Nicht durch und durch, aber aufgrund der streng hierarchischen Gliederung der Universität und meiner Neigung, Autoritäten zu hinterfragen, eckte ich immer wieder an. Dadurch verlor ich viel Zeit in der Promotion und hatte immer weniger Chancen auf einen dauerhaften Verbleib im Universitätssystem. Das war mir, wie beschrieben, aber sowieso zu hierarchisch und langsam, weswegen ich schon während der Promotion die Alternative einer Selbstständigkeit in der Weiterbildung ins Auge fasste. Da ich aber Dinge nicht gern hinnehme wie sie sind und auch nicht gleich aufgeben wollte, bin ich während meiner Anstellung an der Uni der Bildungsgewerkschaft GEW beigetreten. Dort gibt es z.B. Strukturen für Promovierende, durch die man Unterstützung erhält, sich vernetzen und zumindest in einem gewissen Rahmen auf die Verbesserung des Systems Universität hinwirken kann.

Wie hast du den Weg zu deinem jetzigen Beruf gefunden? Welche ersten Schritte hast Du unternommen, um den Wechsel von der Uni zu schaffen? Welche Kontakte oder Erfahrungen haben Dir dabei geholfen? Welche Hindernisse gab es dabei?

Initialzündung für meinen Schritt aus der Wissenschaft heraus waren zwei Angebote, die unabhängig voneinander innerhalb weniger Monate an mich herangetragen wurden: Zunächst war da die Möglichkeit zu einer didaktisch-methodischen Weiterbildung im Rahmen eines neuen Workshopkonzepts der GEW, für das eine Gruppe aus Trainer:innen aufgebaut wurde. Dabei war neben der Weiterbildung selbst vor allem das dadurch entstehende Trainernetzwerk hilfreich für mich. Ich hatte mitgemacht, weil ich Lehre schon immer sehr gut fand, kam aber durch dieses Netzwerk überhaupt erst auf die Idee, dass man sich mit einem solchen Job auch selbstständig machen könnte.

Der Rahmen dazu bot sich dann im Aufkommen der Graduiertenzentren an den Hochschulen in Deutschland, die alle Trainer:innen und Coaches suchten. Ich war zu der Zeit am Lehrstuhl für Projektmanagement angestellt und wurde daher gefragt, ob ich nicht für das neue Graduiertenzentrum der Uni so einen Kurs geben könnte. Bis heute ist das mein meistverkaufter Workshop.

Sehr hilfreich war, dass ich anfänglich noch eine 50%-Stelle an der Uni bekleidete, später dann ein Stipendium und einzelne Lehraufträge hatte. So konnte ich die Selbstständigkeit in diesem Bereich erst einmal ausprobieren und ganz langsam aufbauen. Auch war es mir während meiner Promotion möglich, an passenden Weiterbildungsprogrammen der Uni teilzunehmen und in diesem Rahmen z.B. ein hochschuldidaktisches Zertifikat abzuschließen (in meinem Fall https://www.hd-sachsen.de/angebote/zertifikate). Dadurch habe ich viel Handwerkszeug mitbekommen, dass es mir heute ermöglicht, hilfreiche und ansprechende Kurse zu designen.

Während eines zweijährigen Auslandaufenthalts, bei dem ich hauptsächlich meine Frau bei ihrem Postdoc begleitete, absolvierte ich meine Coachingausbildung (zertifiziert nach dem weltweit größten Zusammenschluss von Coaches, der International Coaching Federation. Man darf nicht glauben, dass der Besitz eines Zertifikats einem automatisch zu Kund:innen verhilft und sollte auch wissen, dass die guten Ausbildungen recht kostspielig sind (in meinem Fall ca. 6.000,-€ für eine etwa 9-monatige berufsbegleitende Ausbildung). Allerdings sind derartige Zertifikate ein gutes Argument, wenn man sich bei potenziellen Kund:innen vorstellt oder an Ausschreibungen teilnimmt. Außerdem habe ich auch hier sehr viel gelernt, dass ich in meiner Praxis nicht missen möchte.

Nach unserer Rückkehr nach Deutschland entschied ich mich dazu, beruflich alles auf die Karte der Selbstständigkeit zu setzen. Das war anfänglich mühsam, da ich meinen Kundenstamm durch Kaltakquise stark verbreitern musste um davon leben zu können. Daher habe ich im ersten Jahr meiner hauptberuflichen Trainer- und Coach-Tätigkeit wahrscheinlich ebenso viel Zeit mit Werbemails und nachfassenden Telefonaten verbracht wie mit dem Geben von Kursen. Meine vorherigen Erfahrungen haben mir aber geholfen, schnell Fuß zu fassen und mich zu etablieren.

Wie sieht dein Berufsalltag aus? Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf? Was macht dir weniger Spaß?

Heute kann ich sagen, dass ich einen Job gefunden habe, den ich wirklich liebe. Natürlich gibt es auch Dinge, die mir keinen Spaß machen, aber mit der richtigen Software kann ich sogar der langweiligen Buchhaltung etwas abgewinnen. Ich verhandele nicht gern meine Honorare und fände es manchmal toll, wenn ich mich um meine soziale Absicherung nicht selbst kümmern müsste (Stichwort Kranken- und Rentenversicherung etc.). Dafür genieße ich es aber sehr, alles Mögliche selbst in der Hand zu haben und mich nicht in vorgegebene Systeme einfügen zu müssen – mein eigener Chef zu sein liegt mir einfach viel mehr als alles Vorhergehende. Und die Arbeitsinhalte sind einfach toll, denn schon immer konnte ich mich dafür begeistern, Wissen zu sammeln, aufzubereiten, weiterzugeben und anderen damit zu helfen. Ich freue mich riesig, die ersten Aha-Effekte dieses Hilfsangebots in meinen Kursen sofort zu sehen und viel mehr Selbstwirksamkeit zu spüren. Darüber hinaus bin ich sehr erleichtert, eine Lehrtätigkeit gefunden zu haben, in der ich nicht benoten muss – das war für mich immer das Schlimmste an der Universitätslehre, auch aufgrund des Wissens über den Mangel an Objektivität, Aussagekraft und Vergleichbarkeit. Inzwischen habe ich sogar einen beruflichen Status erreicht, bei dem ich mich auf die Themen und Formate konzentrieren kann, die mir liegen und Spaß machen. Das geht allerdings nur, weil ich einen großen Kundenstamm habe, der sich zwar auf wissenschaftliche Organisationen stützt, aber auch andere Bereiche umfasst.

Welche Kompetenzen oder welches Wissen, die du im Studium oder in der Promotion erworben hast, helfen dir dabei, deinen Beruf auszuüben? Welche konntest du nicht gebrauchen?

Das meiste Spezialwissen aus der Promotion kann ich nicht mehr gebrauchen. Dafür hat mir das Wissen, wie das System Uni funktioniert und was Promovierende brauchen, zu meinem wichtigsten Kundenstamm verholfen. Außerdem werden die Kurse, die auf meiner Ausbildung in der BWL beruhen (alles rund ums Management), am stärksten nachgefragt bei mir – teilweise wahrscheinlich, weil ich diese gut beherrsche, teilweise aber auch, weil ich durch meine Ausbildung als Experte in dieser Richtung angesehen werde und es im Wissenschaftsbereich gar nicht so viele derartige Expert:innen gibt.

In meinem Studium wurde mir zudem eine gute Grundbildung für meine Selbstständigkeit vermittelt, z.B. was Organisation, Marketing und die erwähnte Buchführung angeht. Hart erarbeiten musste ich mir das Branchenwissen, an wen ich was wie und zu welchem Preis verkaufen kann – neben Trial & Error hat mir dabei vor allem mein Trainer:innennetzwerk geholfen. Eine gewisse Offenheit gegenüber dem Netzwerken hilft also sehr, auch beim Umgang mit den Kund:innen.

Welche Persönlichkeit – denkst Du – sollte jemand haben, die*der Deinen Job macht? Welche Aspekte Deiner Persönlichkeit fördert dieser Beruf besonders?

Meinen Beruf können natürlich ganz verschiedene Persönlichkeiten ausfüllen, wie das wohl in den meisten Berufen ist. Ich habe viele Kolleg:innen (die allermeisten Trainer:innen im Hochschulbereich sind übrigens weiblich), die ganz andere Herangehensweisen haben als ich. Manche machen noch mehr mit IT-Unterstützung, andere viel weniger; manche gehen sehr individualisiert an alles heran, andere standardisieren mehr; manche suchen eher den Zusammenschluss mit Kolleg:innen, andere sind Einzelkämpfer:innen. Was uns alle eint, ist sicherlich eine gewisse Akzeptanz des Risikos, das die Selbstständigkeit mit sich bringt, eine Affinität zur Lehre und ein hoher Gestaltungswille. Wirklich introvertiert ist auch niemand, den ich kenne, selbst wenn diesbezüglich doch eine erstaunlich große Bandbreite vorherrscht.

Dein Rat für andere auf einem ähnlichen Weg:

Wie bei den meisten Selbstständigkeiten ist es sehr hilfreich, erstmal mit einem sicheren finanziellen Standbein in einem anderen Bereich zu starten, denn zu Beginn kann man üblicherweise noch nicht von den eigenen Einnahmen leben. Fortbildungen und Zertifikate sind auf jeden Fall hilfreich, garantieren aber keine Aufträge und sind weniger wichtig als Netzwerke – wer die richtigen Leute kennt oder weiß, wie man sie kennenlernt, hat schon viel gewonnen.


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