Interview mit Carmen Mateo Gallego

Portraitaufnahme von Carmen Mateo Gallego

Wie heißt du? Und was machst Du jetzt?

Ich heiße Carmen Mateo Gallego und arbeite als angestellte Projektmanagerin für digitale Entwicklung beim Ernst Klett Sprachen Verlag in Stuttgart.

In welchem Fach hast du studiert und promoviert?

Im Jahr 2020 habe ich meine Promotion an der Universität Hildesheim erfolgreich abgeschlossen. In meiner Dissertation lag mein Schwerpunkt auf der Wirtschaftskrise des 21. Jahrhunderts. Eine Wirtschaftsrezession wird als bedrohliches Ereignis wahrgenommen. Das spiegelt sich auch in der Sprache wider, insbesondere in der Verwendung von Metaphern. Daher lag der Fokus meiner Forschungsarbeit auf den Jahresberichten des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus den Jahren 2008 bis 2012, sowohl im Original auf Englisch als auch in deren Übersetzungen ins Deutsche und Spanische. Vor meiner Dissertation habe ich einen Master in International Business absolviert sowie ein Diplom als Wirtschaftsübersetzerin für Englisch, Deutsch und Spanisch erworben.

Warst Du an der Universität oder in Forschungseinrichtungen angestellt?

Ich war sieben Jahre in der Wissenschaft tätig. An der Fakultät für International Business der Hochschule Heilbronn war ich vier Jahre lang in Vollzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin angestellt. Ich war hauptsächlich für Forschungsaufgaben zuständig. Nebenbei habe ich an meiner Dissertation gearbeitet. Die ausgezeichnete Infrastruktur und Ausstattung der Hochschule Heilbronn ermöglichten es mir, neue digitale Konzepte in meinen Lehrveranstaltungen auszuprobieren und zu erforschen. So konnte ich mich auf digitale Unterrichtskonzepte spezialisieren. Vor meiner Stelle in Heilbronn war ich drei Jahre an der Philipps-Universität Marburg als Wissenschaftliche Hilfskraft mit Abschluss im Rahmen des Projekts Für ein richtig gutes Studium tätig. In diesem Zeitraum war ich vorwiegend für administrative und organisatorische Aufgaben im Rahmen dieses Projekts verantwortlich. Das Ziel dieses Projekts war die kontinuierliche Verbesserung von Beratung, Betreuung und Lehre trotz steigender Studierendenzahlen, wobei das digitale Lehren und Lernen eine wesentliche Rolle spielte.

Dein Beruf

Wie sieht dein Berufsalltag im Klett Verlag aus?

Ich bin hauptsächlich für Projekte im Bereich Learning Management System (LMS) und Unterrichtssoftware für Lehrkräfte verantwortlich. Ich verfüge über Lehrerfahrung in verschiedenen Positionen und habe Kenntnisse im Bereich E-Learning, was einen Pluspunkt darstellt, um die Anforderungen des heutigen Bildungsmarktes zu erkennen. Mein Hauptziel ist es, hochwertige digitale Produkte für unsere Kundschaft zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Koordination von externen Mitarbeitenden, die an der digitalen Entwicklung des Verlags beteiligt sind, wesentlich. Ich arbeite eng mit verschiedenen Abteilungen des Verlags zusammen, darunter die Redaktion, die Produktion, der Kundenservice, das Marketing und der Vertrieb.

Was macht dir am meisten Spaß an deinem Beruf?

In einem sich ständig weiterentwickelnden Umfeld habe ich die Gelegenheit, jeden Tag etwas Neues zu lernen, insbesondere im technischen Bereich. Um die LMS-Versionen ansprechend darzustellen, ist im Editormodus umfangreiche Hintergrundarbeit erforderlich. Weiterhin können leichte Abweichungen je nach Betriebssystem, Browser oder Gerät auftreten. Daher ist die Testphase sehr wichtig. Abgesehen vom technischen Teil,  halte ich mich stets über die neuesten Erkenntnisse und Methoden im Bereich digitales Lehren und Lernen auf dem Laufenden, da es unerlässlich ist, stets auf dem neuesten Stand zu sein. Dafür nehme ich gerne an Seminaren teil, lese Newsletter von verschiedenen Organisationen, Zeitschriften und wissenschaftlichen Beiträgen. Hier sind drei Empfehlungen, die ich für sehr hilfreich halte:

 1. Der KI-Campus ist eine Lernplattform für Künstliche Intelligenz mit Online-Kursen, Videos und Podcasts, die dazu dient, KI- und Datenkompetenzen zu stärken.

2. Das Portal e-teaching.org veröffentlicht wissenschaftlich fundierte Informationen zur Gestaltung von Hochschulbildung mit digitalen Medien. Es bietet Studien, Podcasts, Online-Events und mehr. Das Registrierungsformular ist hier.  

3. Das Magazin Strategie Digital wird einmal jährlich vom Hochschulforum Digitalisierung veröffentlicht. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema wie beispielsweise Partizipation, Blended-University und zukunftsorientierte Lernräume.

Vor allem schätze ich in meinem Berufsalltag die Tatsache, dass ich meinen Bereich eigenständig leiten darf und dass mir der Verlag und meine Vorgesetzten ihr volles Vertrauen entgegenbringen. Im Verlauf meiner Dissertation musste ich schon selbständig arbeiten, um ans Ziel zu kommen. Diese Phasen haben dazu beigetragen, meine Autonomie im Beruf zu stärken.

Was macht dir in deinem Arbeitsalltag weniger Spaß?

Verschiedene Personengruppen sind an jedem einzelnen der Projekte beteiligt. Wenn die Kommunikation und die Absprachen nicht wie geplant verlaufen, kann sich dies auf den gesamten Prozess auswirken.

Welche Kompetenzen oder welches Wissen, die du im Studium oder in der Promotion erworben hast, helfen dir dabei, deinen Beruf auszuüben?

Meine Kenntnisse im Bereich International Business haben mir geholfen, mich im Umgang mit Budget, Rechnungen, Kalkulationen und Kostenstellen zurechtzufinden. Gleichzeitig ermöglichen mir die erworbenen Kompetenzen aus meinem Studium und meiner Promotion in Übersetzungswissenschaften, die Besonderheiten jeder Fremdsprache zu verstehen. Dies befähigt mich, Stärken und Schwächen des digitalen Lernprozesses zu identifizieren und rechtzeitig Lösungsansätze zu entwickeln.

Einstieg und Neuanfang

Wie hast du den Weg zu deinem jetzigen Beruf gefunden?

Nach meiner Zeit als Doktorandin wollte ich etwas Neues ausprobieren. Das Berufsfeld des Projektmanagements hat mich schon immer interessiert, da meine persönlichen Stärken in der Organisation, Koordination und im Zeitmanagement liegen. In der heutigen VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) interessiere ich mich besonders für agile Methoden. Mit Kreativität, innovativen Ideen und einem iterativen Vorgehen lassen sich Probleme und Herausforderungen besser bewältigen.
In Bezug auf meinen Übergang zur gegenwärtigen Position gab es keine ausführlichen Vorbereitungen. Als ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, stellten sich meine beiden Ansprechpartnerinnen vor und ließen mich kurz darauf allein, um innerhalb von 20 Minuten drei Aufgaben zu bearbeiten. Das zweite Gespräch führte ich mit der damaligen Geschäftsführerin, und danach erhielt ich die Zusage. Das hat mich sehr gefreut. Die Integration digitaler Medien und künstlicher Intelligenz im Bildungsbereich hat mich schon immer begeistert, und ich wollte einen aktiven Beitrag zu dieser Transformation leisten. Daher hat mich die ausgeschriebene Position als Projektmanagerin für digitale Entwicklung bei einem weltweit führenden Bildungsunternehmen, wie der Klett Gruppe, sofort angesprochen.

Welche Hindernisse gab es dabei?

Der Übergang zur Arbeit in der freien Wirtschaft gestaltete sich als herausfordernd. Die Arbeitsabläufe und die Abwicklung von Projekten im Team der digitalen Entwicklung können komplex sein und ich musste mich komplett neu einarbeiten. Ich habe nebenberuflich promoviert, und der Arbeitsbeginn fiel zusammen mit dem Ende der Promotionsphase und dem Beginn der Corona-Pandemie. Achtsamkeit, Yoga und Meditation haben mir sehr geholfen. Es war eine echte Herausforderung!

Wissenschaftlicher Werdegang

Mit welchem Ziel oder welchen Visionen hast Du den wissenschaftlichen Werdegang oder die höhere akademische Qualifizierung (Promotion, Habilitation, Postdoc) verfolgt?

Ich habe aus reiner Leidenschaft promoviert. Mein Forschungsgebiet ist interdisziplinär und ich hatte die Möglichkeit, mich mit verschiedenen Themen zu befassen. Zum Beispiel hat mich die Metapher, die als eine Art Verbindungspunkt zwischen kognitiven Prozessen, kulturellen Elementen und psycholinguistischen Aspekten fungiert, beschäftigt. Da ich den institutionellen Wirtschaftsdiskurs über die Krise aus einer dreisprachigen Perspektive analysiert habe, konnte ich mich mit Aspekten der Übersetzungswissenschaft, der interkulturellen Kommunikation und der Terminologie der Wirtschaft befassen. Um zukünftige Herausforderungen zu bewältigen, spielt Interdisziplinarität eine entscheidende Rolle, da die Welt mittlerweile zu komplex ist, um ausschließlich durch eine einzige Perspektive erklärt werden zu können.

Welche professionellen und persönlichen Kompromisse bist Du dabei eingegangen?

Ich habe meine Doktorarbeit neben meinem Vollzeitjob geschrieben, deshalb musste ich also Abende, Wochenenden und vor allem meinen Urlaub opfern.

Selbstbild und Reflexion

Welche Persönlichkeit – denkst Du – sollte jemand haben, die oder der Deinen Job macht?

In meinem Job ist ein gutes Zeitmanagement eine Schlüsselqualifikation. Die Fähigkeit, viele Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten, ohne dabei den Überblick zu verlieren, ist von großer Bedeutung. Um sicherzustellen, dass alle Projekte termingerecht ablaufen, müssen verschiedene Aspekte wie Budgets, Zielgruppen und Arbeitsabläufe berücksichtigt werden.

Welche Aspekte Deiner Persönlichkeit fördert dieser Beruf besonders?

Ich bin eine vorausschauende und lösungsorientierte Person, und ich glaube, dass diese Eigenschaften in meiner täglichen Arbeit von entscheidender Bedeutung sind.

Deine Tipps für andere auf einem ähnlichen Weg

Was würdest du jemandem raten, der einen ähnlichen beruflichen Weg gehen möchte?

Man muss mutig sein und sich trauen, neue Dinge auszuprobieren. Die Tätigkeit in der Wissenschaft ist äußerst bereichernd. Allerdings bedarf das Wissenschaftssystem einer Modernisierung und sollte verstärkt auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ausgerichtet sein.​